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Die Reise nach Frankreich

Das Bild zeigt das Grab kurz nach der Beerdigung am 23.07.1917. Die Original-Negativglasplatte wurde damals von dem Königsbach Eduard Fränkle an Hermanns Eltern geschickt und ist heute im Besitz der Herausgeberin.

 

Drei lange Jahre habe ich an diesem Buch gearbeitet. Habe recherchiert und gelesen, geschrieben, layoutet und gescannt. Während dieser Zeit habe ich mich intensiv mit Hermann Föller beschäftigt. Obwohl ich ihn nie persönlich kennen gelernt habe, ist er mir inzwischen sehr vertraut. Durch seine Briefe und Notizen und durch die Auseinandersetzung mit seinem Schicksal ist er kein Fremder mehr für mich.

Hermann Föller wurde auf dem Soldatenfriedhof in Mangiennes begraben. Durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erfuhr ich, dass der Soldatenfriedhof und das Grab auch heute, fast 100 Jahre danach, noch existieren. Daher reisten mein Lebensgefährte Uwe Kaiser und ich am 22. Juli 2012 nach Frankreich – genau am 95sten Todestag von Hermann.

Die Route führte uns über das Saarland nach Luxemburg und von dort über Longwy nach Mangiennes. Der Soldatenfriedhof war in diesem kleinen Ort schnell gefunden, die Suche nach Hermanns Grab dauerte
dafür länger als gedacht. Während es im Einschreibebrief des Stabsarztes und auch auf dem Holzkreuz noch Block 1, Grab 439 hieß, fanden wir das Kreuz mit Hermanns Namen unter Grab Nummer 425-426. 

Mit den Kreuzen aus Naturstein wurden in der Regel vier Gräber zusammengefasst und auf jeder Seite zwei Namen eingraviert. Offensichtlich wurden 1969 während des Austauschs der pro­visorischen Holzkreuze gegen Kreuze aus Naturstein die Namen der Vorder- mit der Rückseite vertauscht.

Es war ein sehr bewegender Augenblick, am Grab von Hermann Föller zu stehen und die mitgebrachte Blumenschale niederzu­legen. Sicherlich hatten sich meine Urgroßeltern ihr Leben lang gewünscht, wenigstens einmal am Grab ihres Sohnes zu sein und ein Gebet für ihn zu sprechen. Ich habe es in ihrem Namen getan.

Der Besuch des Soldatenfriedhofs war ein ganz besonderes Erlebnis. Der Gedanke an 3690 Soldaten, die hier an diesem Ort begraben liegen, war bedrückend. Und in unmittelbarer Nähe liegen weitere Soldatenfriedhöfe, denn die Gegend um Verdun war eine der am heftigsten umkämpften an der Westfront.

In diesem Zusammenhang kann das Engagement des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge nicht hoch genug geschäzt werden, der auch nach dieser langen Zeit die Grabstätten pflegt und unter vielen anderen Aufgaben Blumenaktionen für Gräber von unbekannten Soldaten durchführt. Auch diese Soldaten waren Söhne, Brüder, Ehemänner und Väter.

Im Ort selbst kamen wir ins Gespräch mit Einwohnern, die – allen Sprachbarrieren zum Trotz – sehr interessiert am Buch und den darin abgebildeten, fast 100 Jahre alten Ortsansichten waren. Uns wiederum imponierte die inzwischen wieder aufgebaute Kirche der Gemeinde. Unmittelbar nach der Eroberung des Ortes im 1. Weltkrieg sprengten die deutschen Soldaten den Kirchturm, da dieser der französischen Artillerie als Orientierungspunkt dienen konnte. Ein Bild der Kirche mit gesprengtem Turm ist auf Seite 284 zu finden. Die größte Überraschung aber bildete der Innenraum der Kirche. Die reichhaltigen Verzierungen und Ornamente haben den Krieg nahezu unbeschadet überstanden.

Von Mangiennes aus fuhren wir in das rund 15 km entfernte Ornes, in dessen Nähe Hermann Föller durch eine Mine verletzt wurde. Auch wenn das Ortsschild eine Gemeinde oder ein Dorf vermuten lässt, fanden wir keine Häuser. Der einstmals 1300 Einwohner umfassende Ort wurde im 1. Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Ornes ist heute lediglich eine Gedenkstätte, gilt aber weiterhin als Gemeinde.

Knapp 100 Jahre nach der Mobilmachung sind noch viele Spuren dieses Krieges in Nordfrankreich zu finden. Wenn auch Frankreich zu den „Siegern” zählte, hatte doch auch diese Nation schwer unter den Folgen zu leiden. Wer in Frankreich nach Spuren aus dem Krieg sucht, kommt an Verdun nicht vorbei. Wir auch nicht.

Verdun, von 39 mehr oder weniger großen Forts und Ouvrages umgeben, war zur Zeit des 1. Weltkriegs verbunden durch ein dichtes Netz von Infanteriebunkern, Artilleriestellungen und Maschinengewehr-Posten. Der Kampf zwischen Franzosen und Deutschen um die Anhöhen der Stadt wurde zu einer der blutigsten Schlachten des Krieges. Am Ende der Schlacht hatten deutsche Truppen ganze 15 km an Boden gewonnen. Eine halbe Million Soldaten waren auf beiden Seiten getötet oder verwundet worden. In Frankreich wurde Verdun zum Symbol für die nationale Verteidigungs­bereitschaft, in Deutsch­land bürgerte sich der Begriff „Blutmühle“ ein.

Eine der Befestigungsanlagen um Verdun ist Fort de Vaux. Es wurde nach monate­langen, erfolglosen Angriffen im Juni 1916 von deutschen Truppen genommen. Zuvor hatte die Zisterne durch starken Artilleriebeschuss Risse bekommen, so dass das Wasser versickerte. Eine Versorgung von außerhalb war aufgrund der deutschen Belagerung nicht möglich. Da die im Fort kämpfenden französischen Soldaten tagelang nicht mit Trinkwasser versorgt wurden, tranken sie ihren eigenen Urin oder leckten die Rinnsäle von den Wänden. Der befehlshabende Major Raynal sah keinen anderen Ausweg, als sich den Deutschen zu ergeben und mit den über­lebenden Verteidigern in Gefangenschaft zu gehen.



Nach unzähligen Gegenangriffen wurde das Fort im November 1916, nach einer großen französischen Gegenoffensive, von den Deutschen aufgegeben.

Eine weitere Gedenkstätte, die wir besuchten, war Fort Souville. Dieses liegt auf einem der Höhenrücken zwischen Douaumont und Verdun und war somit das letzte Bollwerk zwischen den Angreifern und Verdun. Es war im Gegensatz zu anderen Forts nicht modernisiert worden und wurde daher schnell zusammengeschossen. Dennoch hielten die Gewölbe des Forts dem Beschuss Stand und boten somit einen gewissen Schutz gegen den Geschosshagel. Direkt neben dem Fort war 1890 ein mit zwei 155-mm-Geschützen ausgestatteter Panzerturm errichtet worden, der seinerzeit als Meilenstein der Technik galt.

Dieser Panzerturm liegt außerhalb des eigentlichen Bereichs des Fort Souville, wurde jedoch während des Krieges mit dem Fort über einen Gang verbunden.
Zudem wurde die Stellung 1917 durch eine Pamart MG Kasematte verstärkt.

Nach dieser kurzen, aber für uns so emotionalen und interessanten Reise ging es wieder zurück nach Deutschland.

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